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There is no Architecture without Light
(J.M. Waldram) |
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So sieht es der bekannte Hamburger Architekt Prof. Dipl.-Ing. M. von Gerkan:
Es ist faszinierend, was der menschliche Geist erfunden, erdacht, entwickelt hat,
um künstliches Licht zu erzeugen und damit unterschiedlichste Stimmungen zu zaubern,
Körper und Räume zu modellieren und die Wahrnehmungen des menschlichen Auges zu manipulieren. Fast
täglich wird das Arsenal der Apparaturen, Techniken und Leuchtmittel größer und vielfältiger, das
Spektrum der Anwendung komplexer.
Gleichwohl, eine annähernde Simulation des Tageslichtes bleibt der Technik versagt
und damit für uns ein unerreichbares Ziel. Dies gilt sowohl für die Intensität als auch für die Farbe des Lichtes.
Vor allem ist es die unendliche Modulationsvielfalt, die durch das Zusammenspiel von Erde und Sonne sowie die Konstellation des Himmels
und der Atmosphäre Lichtstimmungen erzeugt: Der regelmäßige Wechsel von Tag und Nacht, der sich im Zyklus des Jahres bezüglich
der täglichen Helligkeitsdauer wandelt. Die sich verändernden Grundstimmungen, die durch die Neigung der
Sonnenlaufbahn im Wechsel der Jahreszeiten bestimmt werden; von der gleißenden und bis zur Schmerzgrenze
blendenden Sommersonne über die weiche, milde Herbstsonne bis hin zu den fahlen, langen Schatten des Winters.
Diese Grundstimmungen werden durch die Unregelmäßigkeiten unterschiedlichster
Wetterkonstellationen, durch Wolkendunst, Nebel, Regen oder klaren Himmel überlagert
und zu einer unendlichen Vielfalt für unsere Sinneswahrnehmung modelliert. Es gibt also für die Wahrnehmung unserer Umwelt
kein besseres Medium als Tageslicht.
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Dies gilt auch für die Architektur:
Ihre Wahrnehmung und Erfahrung wird am besten
durch den Einsatz des Himmelslichtes gestaltet. Aus dieser Erkenntnis steht für uns das Sonnenlicht als Gestaltungsmedium für
nahezu alle architektonischen Aufgaben im Mittelpunkt.
Die Gestaltung mittels Tageslicht lässt sich intensivieren, wenn es direkt vom Himmel,
also durch das Dach einfällt. Für uns hat diese Erkenntnis beim Entwerfen von Architektur seit Anbeginn eine dominante Rolle gespielt.
Das Prinzip des gläsernen Himmels ist für Passagen und wettergeschützte
Einkaufstraßen, die man nach amerikanischen Vorbild Malls nennt, geradezu ein Muss der Gestaltung.
Alle Nutzungsangebote für den Einzelhandel, die situationsbedingt in unterirdischen Passagen
oder Pasarellen oder mit großem Volumina überbauten Blöcken auskommen müssen,
leiden nicht nur atmosphärisch, sondern auch ökonomisch unter dem Defizit an Tageslicht.
Viele Passagen und Einkaufszentren, die man in den fünfziger und sechziger Jahren als Black
boxes gebaut hatte, sind in den zurückliegenden Jahren mit teilweise erheblichen Aufwand umgebaut worden, um Tageslicht
für die öffentlichen Zonen zu gewinnen.
Selbst beim Messebau, für den das Ausblenden der Sonne und die freie Manipulierbarkeit des
Lichtes jahrzehntelang oberstes Gestaltungscredo war, hat sich vor sieben Jahren das Dogma ins
Gegenteil gewandelt. Tageslicht, das in dosierter Form in die Ausstellungsbereiche einfällt, gilt
mittlerweile als ein entscheidender Milieugewinn, der sich bei der Vermarktung besonderer Attraktivität erfreut. Die zusätzlichen Baukosten rechnen sich auch dann, wenn sichergestellt werden muss, dass
man die transparenten Dachflächenanteile für spezielle Ausstellungen verdunklungsfähig ausbilden muss.
Wenn man aus diesem Grundverständnis vom Wert der Gestaltkraft des Sonnenlichtes Architektur
konzipiert, bedarf es keiner ausdrücklichen Erwähnung, dass die technischen und strukturellen
Voraussetzungen zur Gewinnung von Tageslicht nicht nur integraler Bestandteil beim Entwerfen sind,
sondern vielmehr selbst zu einem dominierenden generierenden Faktor für die Architektur werden.
Quelle:
Der gläserne Himmel Glas als Raumhülle und Informationsmedium
Prof. Dipl.-Ing. M. von Gerkan
Jahrbuch 2000 VDI-Bau
Seite 222 ./. 229
Hrsg.:
VDI-Gesellschaft Bautechnik
VDI-Verlag GmbH,
Düsseldorf 2000
ISBN 3-18-401642-0
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So
sieht es der emer. Hochschullehrer und Architekt
Prof. Dr.-Ing. Volkher Schultz:
Die Architektur berücksichtigt heute bedeutend mehr Aspekte als die Ergonomie, u. a.,
weil sie sich nicht auf die Arbeit und darauf bezogene Sachverhalte beschränkt.
Sie befasst sich vielmehr mit dem Raumentwurf, d. h. mit der Suche nach Lösungen, die funktionale, bautechnische und raumgestalterische
Anforderungen für einen bestimmten Standard und ein bestimmtes Budget ganzheitlich erfüllen. Dabei ist das visuelle Erfassen
von Raumqualitäten mit Hilfe des peripheren Sehens ebenso wichtig wie das bewusste Sehen gezielt ausgesuchter und foveal betrachteter Sehobjekte.
Licht und Architektur drückt etwas aus, das für den Menschen seit
Erstellung des ersten Bauwerks in der Frühzeit seiner Entwicklung selbstverständliche Notwendigkeit gewesen ist: Die Beziehung der erbauten
Umwelt zum Licht. So wie das Licht auch heute Voraussetzung für das menschliche Leben ist, so war immer schon der Bezug zum Tageslicht eine
entscheidende Grundlage für die Baukunst, von der Gestaltung des einzelnen Raumes bis hin zur Anlage ganzer Städte.
Die Wiedererkenntnis der Unverzichtbarkeit des Tageslichts als Quelle menschlichen
Lebens, führt folgerichtig zur Empfehlung, sich mit Lichtkonzepten auseinander zusetzen und
diese frühzeitig in den Gestaltungsprozess einzubinden, - als integralen Bestandteil des Raumentwurfes.
Quelle:
Tageslicht nutzen
Ahmet Çakir, Gisela Çakir
Martin Kischkoweit-Lopin
Volkher Schultz
Hrsg.:
F. H. Kleffmann Verlag GmbH,
Bochum 2001
ISBN 3-87414-037-7
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Weitere Literatur:
Oberlichter - Beleuchtung als Geschenk des Himmels
Grundlagen der Tageslichttechnik
unter besonderer
Berücksichtigung von Dachoberlichtern
Fischer, Udo
1. Auflage
Hrsg.: F.H. Kleffmann Verlag GmbH, Bochum, 2003
ISBN: 3-87414-093-8
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